Die in der historischen Altstadt Zehdenicks gelegene ehemalige Havelland-Grundschule wurde bis 2020 als kommunale Grundschule genutzt. Das Gebäude wurde auch wegen wachsender Schülerzahlen für den Schulbetrieb zu klein. Zehdenick führte deshalb verschiedene Schulstandorte zusammen und zog das Gebäude frei. Die BSG wurde mit einem Vergabeverfahren beauftragt. Im Rahmen eines Interessentenwettbewerbs wurde das Gebäude in Erbbaupacht für die Entwicklung eines modernen Wohn- und Arbeitsortes vergeben.
Die Haveland-Grundschule – beeindruckendes Zeugnis märkischer Baukultur
Das Schulgebäude und die Turnhalle der früheren Havelland-Grundschule in der Hospitalstraße im historischen Altstadtkern Zehdenicks stehen unter Denkmalschutz und liegen im Denkmalbereich der Stadtkirche. Die ehemalige Havelland-Grundschule befindet in fußläufiger Nähe zur Hauptgeschäftsstraße Zehdenicks, der Berliner Straße.
Die Schule wurde Anfang des 20. Jahrhunderts im „vaterländischen“ Stil in massiver Bauweise unter Verwendung einheimischer Baumaterialien als Gemeindeschule errichtet. Der die Hospitalstraße dominierende Gebäudekomplex gilt als typisches Beispiel für die unter Kaiser Wilhelm II. errichteten, qualitätvollen Schulneubauten. Das 1908 errichtete Ensemble aus Schulgebäude und Turnhalle wurde später durch einen Zweckbau (Mensa, Küche) ergänzt. Der langjährige Schulbetrieb wurde 2020 aufgegeben.
Aufgabe der Schulnutzung und Interessentenwettbewerb
Die Stadtverordnetenversammlung fasste 2020 den Beschluss, die Liegenschaft einer neuen Nutzung zuzuführen. Durch die Vergabe der Liegenschaft erhoffte sich die Stadt Zehdenick weitere Impulse für die Entwicklung Stadtzentrums. Ideen für die Nachnutzung des Gebäudes waren nur insofern Grenzen gesetzt, dass sich die zukünftige Nutzung möglichst konfliktfrei in das Umfeld am Kirchplatz einfügen soll.
Die Havelstadt Zehdenick bietet vielfältige Anknüpfungspunkte für die Entwicklung der einmaligen Liegenschaft im attraktiven Umfeld der historischen Altstadt. Für den Standort Zehdenick sprechen u.a. folgende Argumente:
- Lage in der Metropolregion Berlin-Brandenburg mit dynamischer Entwicklung
- Stadtprofil mit sehr guter Lebensqualität und hohem Identitätswert
- Gute Verkehrsanbindung
- Umfassende Infrastrukturausstattung
- Stadt- und näherer Landschaftsraum bieten vielfältige touristische Infrastruktur und Möglichkeiten der Naherholung
- Planungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten bei Umnutzung Gewerbe / Büro / Wohnen
Leistungen der BSG
Die BSG Brandenburgische Stadterneuerungsgesellschaft mbH wurde mit der Durchführung eines Vergabeverfahrens beauftragt. Gegenstand des Auftrags waren die Erarbeitung eins Exposees, die Veröffentlichung der Vergabeabsicht und Bereitstellung der Unterlagen sowie die Auswertung von eingehenden Angeboten und die Begleitung des Verfahrens (Rückfragen etc.).
Die Vergabeabsicht wurde über die Homepage der Stadt Zehdenick sowie diverse Online-Portale am 01.09.2021 bekanntgemacht. Die Frist zur Einreichung von Bewerbungen / Angeboten endete am 01.11.2021.
Bedingung für die Bewerbungen war die Vergabe zur Miete oder in Erbbaupacht, da die Stadtverordneten die langfristige Verfügbarkeit des Objektes im kommunalen Immobilienbestand gewährleisten wollen. Die Stadt Zehdenick präferierte für die Nachnutzung eine öffentlichkeitswirksame Nutzung, die zur Steigerung der Besucherfrequenzen im Stadtzentrum beiträgt. Vorstellbar waren Nutzungsangebote im Bereich Bildung, Kinderbetreuung, Dienstleistungen, Hotel, nicht störendes Gewerbe, Co-Working-Space oder ähnliches. Die Umnutzung des Gebäudes zu Wohnungen wurde nicht ausgeschlossen.
Ergebnis des Interessentenwettbewerbs und Erbaupachtvertrag
Auf der Grundlage der Ausschreibung reichte der Großraum e.V. aus Berlin eine Bewerbung für das Objekt ein. Zielstellung des Berliner Vereins ist die Entwicklung eines Ortes zum Leben, Arbeiten und Gestalten. Die Fertigstellung des Projektes ist für 2026 geplant.
Nach Vorprüfung des Wettbewerbsbeitrags durch die BSG und Vorstellung des Projektes in der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Zehdenick im Februar 2022 wurde das Projekt durch die Gremien der Stadt einhellig begrüßt und in der Folge weiter konkretisiert. Im Herbst 2023 wurde ein Erbbaupachtvertrag über 99 Jahre zwischen der Stadt Zehdenick und der SelbstBau Genossenschaft e.G. abgeschlossen, die als erfahrener Partner des Großraum e.V. fungiert.
Der Erbbaupacht-Vertrag umfasst die gesamte Liegenschaft mit allen Gebäuden sowie dem ehemaligen Schulgarten an der Rahmenstraße. Die Stadt bleibt Grundstückseigentümerin und erhält einen jährlichen Pachtzins, während die Projektgruppe des Großraum e.V. in Zusammenarbeit mit der Genossenschaft als Eigentümerin der Gebäude ein generationsübergreifendes Wohnprojekt, einen Standort für sportliche und kulturelle Veranstaltungen sowie kreatives Gewerbe errichten und betreiben wird.
Im denkmalgeschützten Hauptgebäude entstehen 15 voneinander abgetrennte Wohneinheiten für mehrere Generationen, die um gemeinschaftlich genutzte Räumlichkeiten im Innen- und Außenbereich ergänzt werden. Im Nebengebäude steht Bewohnenden und Externen ein Coworking-Space zur Verfügung. Turnhalle und Schulhof sollen als Begegnungsorte erhalten bleiben und bieten eine Menge Gestaltungsspielraum. Der ehemalige Schulgarten dient als Rückzugsort für die zukünftigen Mieter*innen.
Für den Wohnraum gilt das Genossenschaftsprinzip: Alle Bewohner*innen werden Mitglieder der Mietergenossenschaft SelbstBau e.G., die als Trägerin der Immobilie fungiert. So werden alle Miteigentümer*innen ihres eigenen Wohnraums. Je Quadratmeter Wohnraum wird ein Genossenschaftsanteil gezeichnet. Sowohl die Höhe der Genossenschaftsanteile als auch der späteren Kaltmiete errechnet sich dabei an den tatsächlich anfallenden Kosten.
Gute Praxis Beispiel
Das durch die BSG maßgeblich entwickelte und begleitete Vergabeverfahren wird durch das Netzwerk Zukunftsorte als beispielgebendes Verfahren bewertet: Im Leitfaden „ZUKUNFT STATT LEERSTAND – Gebäude nach Konzept veräußern“ finden sich weitere Informationen zum Projekt in Zehdenick und zu anderen Beispielen für die Nachnutzung von Gebäuden. Auch im Brandenburger Wirtschaftsmagazin „FORUM“ der IHK Ostbrandenburg wurde das Projekt in der Havelland-Grundschule Zehdenick im Kontext neuer digtaler Entwicklungstrategien für die Zukunft auf dem Land präsentiert.
